Rechtfertigungsgründe - Problem des fehlenden Rechtfertigungswillens bei objektiver Rechtfertigung
(P) Wie ist der Fall des fehlenden subjektiven Rechtfertigungsgrundes bei objektiver Rechtfertigung zu lösen?
Objektive Theorie | Theorie von der Kenntnis der Notwehrlage | Theorie von der Verteidigungsabsicht | |
Inhalt | Das objektive Vorliegen der Rechtfertigung reicht aus. | Das obj. Vorliegen reicht nicht aus. Es ist eine Kenntnis vom Vorliegen eines Angriffs und das Bewusstsein, dass das Verhalten der Abwehr des Angrifs dient, notwendig. Nicht erforderlich ist aber die ausschließliche Motivation des Täters, das bedrohte Rechtsgut zu verteidigen. | Das objektive Vorliegen reicht nicht aus. Der Täter muss außerdem die Kenntnis vom Vorliegen eines Angriffs haben, darüber hinaus das Bewusstsein, dass sein Verhalten zur Abwehr des Angriffs dient und die Verteidigung des angegriffenen Rechtsgutes muss gerade sein (wenn auch nicht alleiniges) Motiv sein. |
Folge | Liegt eine Notwehrlage- oder Nothilfelage obj. vor, ist der Täter straflos. |
Die Rechtsfolge der fehlenden Kenntnis der Notwehr- oder Nothilfelage ist umstritten. Entweder wird ein vollendetes Delikt oder ein Versuch angenommen.
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Die Rechtsfolge des fehlenden Verteidigungswillens ist umstritten. Entweder wird ein vollendetes Delikt oder ein Versuch angenommen.
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Argumente | Die Notwehr dient in erster Linie dazu, die Rechtsordnung zu verteidigen. Das kann auch ohne Kenntnis und Wille der Verteidigung verwirklicht werden. Andernfalls würde der Täter lediglich wegen seiner Gesinnung bestraft werden. | Die Rechtsordnung verteidigen kann nur derjenige, der davon auch weiß. Weil sonst eine Bestrafung des Gesinnungswertes dargestellt werden würde, darf nicht mehr auf die Motive des Täters abgestellt werdeden. | Die Rechtsordnung kann nur derjenige verteidigen, der davon weiß und die Rechtsordnung verteidigen will. |
Kritik: |
-> Die Rechtsordnung "verteidigen" kann nur derjenige, der davon auch weiß.
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Erkennt ein Angreifer, dass die obj. vorliegende Verteidigungshandlung wegen der Fehlenden Verteidigungsabsicht rechtswidrig ist, kann dieser seinerseits gegen die Verteidigungshandlung Notwehr üben. Dann währe der Angreifer für seinen Angriff letztendlich gerechtfertigt. | Erkennt ein Angreifer, dass die obj. vorliegende Verteidigungshandlung wegen der Fehlenden Verteidigungsabsicht rechtswidrig ist, kann dieser seinerseits gegen die Verteidigungshandlung Notwehr üben. Dann währe der Angreifer für seinen Angriff letztendlich gerechtfertigt. |
Folge: Nach h.M. ist jedoch bei allen RFG (vor allem bei vors. Delikten und Versuch) auch ein subjektives Rechtfertigungselement nötig, welches ist umstritten (s.o.)
Begründung: Vgl. den Wortlaut des § 34 StGB: "um zu".
Folge: Nach h.M. ist jedoch bei allen RFG (vor allem bei vors. Delikten und Versuch) auch ein subjektives Rechtfertigungselement nötig, welches ist umstritten (s.o.)
Begründung: Vgl. den Wortlaut des § 34 StGB: "um zu".
Bei fahrlässigen Delikten:
Es besteht Einigkeit. Ein subj. Rechtfertigungselemt ist zur Rechtfertigung nicht nötig. Im Ergebnis ist also eine Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit zu verneinen.
Begründung: Fahrlässigkeitsdelikte haben keinen strafbaren Handlungsunwert, da eine folgenlose Sorgfaltspflichtverletzung gegeben ist. Deshalb muss dieser auch nicht durch ein subj. Rechtfertigungselement kompensiert werden.
Beachte: Völlig unstreitig ist die Rechtfertigung anzunehmen, wenn der Täter das subjektive Rechtfertigungselemt aufweist und in dieser Situation seiner Rechtfertigungshandlung einen fahrlässigen Erfolg erzeugt, der dann wirder selbst gerechtfertigt wäre, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hätte.